Bücher
Kurt Bangert
Gott im liberalen Christentum
Vom gnädigen Gott der Reformation zum Posttheismus des 21. Jahrhunderts
Springer VS: Wiesbaden 2022, 462 Seiten
Euro 74,99
Dieses Buch bietet in einer durchweg verständlichen Weise einen Gang durch 500 Jahre Theologiegeschichte, von 1521 bis 2021, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Wandlung der Gottesvorstellungen, die anhand der einflussreichsten Philosophen und Theologen exemplifiziert werden. Dabei werden nicht nur die historischen Kontexte der jeweiligen Protagonisten beleuchtet, sondern auch deren Biographien. Ihre theologischen Vorstellungen werden u.a. anhand von aussagefähigen Originalzitaten veranschaulicht. Es werden auch das Verhältnis zu anderen Religionen u. das Verhältnis zu den Naturwissenschaften beleuchtet. Das Buch endet mit einem Ausblick auf die zukünftige Theologie.
Aus dem Inhalt.
Kurt Bangert behandelt folgende Themen: Martin Luther und das liberale Erbe der Reformation - Der Gott der Natur - Der Gott der Vernunft - Der Gott des Gefühls - Der Gott der Geschichte - Der Gott des ethischen Willens - Die Göttlichkeit Gottes - Der existenzialistische Gott - Von der alten zur neuen Liberalität - Unaufgebbares Erbe der liberalen Theologie - Anglo-Amerikanische Liberalität - Transtheistische Theologie - Posttheistische Theologie - Von der Religionswissenschaft zur Religionstheologie - Natürliche Theologie - Grundzüge einer heutigen liberalen Theologie.
Behandelte Personen
Nicolaus Cusanus - Giordano Bruno - Jakob Böhme - Baruch Spinoza - Friedrich Wilhelm Schelling - René Descartes - Pierre Bayle - Gottfried Wilhelm Leibniz - Immanuel Kant - Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Blaise Pascal - Jean-Jaques Rousseau - Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher - Ludwig Feuerbach - Ferdinand Christian Baur - David Friedrich Strauß - Albrecht Ritschl - Adolf von Harnack - Ernst Troeltsch - Albert Schweitzer - Karl Barth - Soren Kierkegaard - Wilhelm Herrmann - Rudolf Otto - Rudolf Bultmann - Paul Tillich - Karl Jaspers - Martin Werner - Fritz Buri - Ulrich Neuenschwander - Samuel Taylor Coleridge - Ralph Waldo Emerson - Walter Rauschenbusch - Alfred North Whitehead - Harry Emerson Fosdick - Reinhold Niebuhr - Gary Dorrien - Dietrich Bonhoeffer - Wolfhart Pannenberg - Eberhard Jüngel - Gotthold Hasenhüttl - Dorothee Sölle - Hubertus Halbfas - Helmut Fischer - John Hick - Hans Küng - Perry Schmidt-Leukel - Klaus von Stosch - Hans-Martin Barth -
Reaktionen
„Bangert spannt einen weiten Bogen, der von Luther und dem liberalen Erbe der Reformation über die klassische liberale Theologie, die dialektische Theologie, die neue liberale Theologie und die anglo-amerikanische Liberalität bis hin zur transtheistischen und posttheistischen Theologie sowie Religionstheologie der Gegenwart reicht. Dabei wird der Leser / die Leserin mitgenommen auf eine spannende Entdeckungsreise des theologischen, philosophischen und naturwissenschaftlichen Denkens - und zwar in einer durchweg verständlichen und ansprechenden Form. Am Ende des Buchs entwickelt Bangert in Grundzügen eine "heutige liberale Theologie".“
Prof. Dr. Werner Zager
Prof. für Neues Testament, Frankfurt am Main
Das Werk erhebt den Anspruch, eine theologiegeschichtliche Darstellung zu sein: Der Untertitel Vom gnädigen Gott der Reformation zum Posttheismus des 21. Jahrhunderts unterstreicht dieses Ziel. Und in der Tat wird Bangert dieser Intention voll gerecht. Vor dem Hintergrund der Frage nach Gott führt er uns durch das Feld der vorrangig protestantisch geprägten Denk- und Glaubensentwicklung. … Nachdem zu Beginn das liberale Erbe der Reformation gewürdigt wurde, wendet sich das Buch im Kapitel Der Gott der Natur u.a. so interessanten Persönlichkeiten wie Nicolaus Cusanus, Giordano Bruno oder auch Jakob Böhme und Spinoza zu. Die Reise durch die Geschichte passiert weitere Stationen: Wir erfahren vom Gott der Vernunft (u.a. aus der Sicht von Descartes, Leibniz und Kant), vom Gott des Gefühls (Pascal, Schleiermacher, aber auch Ludwig Feuerbach) und auch vom Gott der Geschichte. In dem letztgenannten Kapitel schwenken wir ein auf die Liberale Theologie im engeren Sinne – also auf jene Strömung, die um die Wende des 19. Jahrhunderts zum 20. Jahrhundert ihre Wirkung entfaltete. Hier fallen uns Namen ein wie Albrecht Ritschl, Adolf von Harnack oder Ernst Troeltsch. Bangert bezeichnet diese Phase als „alte“ bzw. „klassische“ Liberale Theologie. Indem er uns in das Denken Albert Schweitzers, aber auch Karl Barths und einer existenzphilosophisch fundierten Theologie einführt, bereitet er den Übergang zur „neuen“ Liberalen Theologie vor, wie sie vor allem durch Ulrich Neuenschwander verkörpert wurde. … Ausführlich befasst sich das Buch auch mit der Liberalität im anglo-amerikanischen Raum, mit trans- bzw. posttheistischer Theologie und schließlich auch mit Religionstheologie. Wiederum kommt Bangert sein weit gefasstes Verständnis von Liberalität zugute. Es erlaubt ihm, so unterschiedliche Personen wie Samuel Coleridge, Alfred North Whitehead, Dietrich Bonhoeffer, John Hick, Hans Küng und viele weitere in ihren Anliegen zu würdigen. Die Fülle der dargestellten Ansätze bringt es mit sich, dass die einzelnen Kapitel sich auf das Wesentliche beschränken und auf wenigen Seiten eine bündige Einführung in die jeweilige Position bieten. Dabei gelingt Bangert etwas, das in der Theologie nicht selbstverständlich ist: Seine Ausführungen sind jederzeit klar und auch für Laien sehr gut nachvollziehbar. Zudem lässt er ausführlich Quellentexte sprechen, sodass wir immer auch die ursprünglichen Stimmen hören können. … Zum Abschluss wirft er einen Blick in die Zukunft: Er fragt, wie eine Liberale Theologie der Gegenwart aussehen sollte. Hier liefert er interessante Denkanstöße. So sollte eine „Liberale Theologie 3.0“ – wie er sie nennt – sich nicht in geschichtlichen Reflexionen verlieren, sondern als systematische Theologie ihren Standpunkt klarmachen. Dabei muss sie sich allerdings wissenschaftlicher Methodik und vor allem dem aufklärerischen Vernunftprinzip verpflichtet fühlen. Im Kern aber hat sie sich in immer neuen Anläufen der Gottesfrage zu widmen und mit ihren Antworten darzulegen, „inwieweit das Reden von Gott heute noch Sinn eröffnen kann“ (S. 442). Bangerts umfangreiches Buch erreicht zwei wesentliche Ziele: Einerseits leuchtet es das breite Spektrum der Liberalen Theologie in ihrer geschichtlichen Entfaltung aus. Indem es wie gesagt auch unkonventionelle Ansätze in den Blick nimmt, bietet es eine Fülle von Perspektiven, die Leserinnen und Leser zum Nachdenken über ihren eigenen Standpunkt anregen. Gott im liberalen Christentum ist also hochgradig informativ und inspirierend zugleich.
Michael Großmann, in: Freies Christentum, Heft 2/2023.