Bücher

Kurt Bangert
Der Prophet, der nie war
Wie aus dem jüdischen Jesus-Messias der arabische Muhammad wurde
Philia Verlag: Bad Nauheim 2018, 560 Seiten
Euro 35,95



Dieses Buch zeigt ungeschönt auf, dass die zeitgenössischen Quellen des 7. Jahrhunderts (= 1. Jh. der Araber) die traditionelle Entstehungsgeschichte des Islams nicht bestätigen. Selbst die Historizität Muhammads wird heute infrage gestellt. Der Autor befasst sich nicht nur mit der Erforschung der zeitgenössischen Quellen, sondern auch mit den historischen, religionsgeschichtlichen und theologischen Hintergründen, die zur Entstehung des Islams führten. Die Ergebnisse der modernen historisch-kritischen Forschung machen es wahrscheinlich, dass die arabische Muhammad-Figur ein Konstrukt des 8. und 9. Jahrhunderts (und später) ist und letztlich auf die Gestalt Jesu zurückzuführen ist, der von den Arabern zwar nicht als Gott oder Gottessohn, wohl aber als Messias, Gesandter, Prophet, Logos und sogar als "Siegel der Propheten" verehrt wurde.

Reaktionen

„Das Problem unserer Islamwissenschaften besteht darin, dass es politisch nicht opportun scheint, der islamischen Geschichtsschreibung zu widersprechen. So erklärte der angesehene Islamwissenschaftler van Ess erst nach dem Ausscheiden aus dem Universitätsdienst, warum er das bei ihm nachgefragte Werk zur Geschichte des ersten Jahrhunderts des Islam nicht schreiben werde, nämlich, weil es dafür schlicht keine wissenschaftlich verwertbaren Belege gäbe. Wahrscheinlich war er durch das Schicksal Lülings gewarnt, der seine wissenschaftliche Karriere nach seinem Widerspruch zur herrschenden Lehre nicht mehr fortsetzen konnte. So kommt es, dass die interessanten Schriften zum Anfang des Islams heute weniger von universitären Institutionen kommen als vielmehr von eher privaten Einrichtungen wie z.B. dem Saarbrücker Inarah oder eben in diesem Fall von einem Privatgelehrten im besten Sinne wie Bangert.

Das Buch „Der Prophet, der nie war“ von Bangert liefert einen Überblick der ethnischen und religiösen Gemengelage mit Schwerpunkt auf dem Christentum des Nahen Ostens in den für die Entstehung des Islams wesentlichen Jahrhunderten, wie er uns sonst kaum serviert wird – mir persönlich war eine ähnliche Zusammenschau so konzentriert bisher nur in der Kriminalgeschichte des Christentums von Deschner begegnet. Ansonsten sind Einzelteile diese Puzzles in Veröffentlichungen der Gruppe Inarah zu finden.

Schon, wenn man den Seitenumfang von über 500 sieht, ist klar, dass es Bangert nicht um kurze markige Statements geht. So kreist er sein Thema aus den verschiedenen Blickrichtungen (religiöse Entwicklung, Rechtsentwicklung usw.) auch mit einiger zwangsläufiger Redundanz immer wieder neu ein, um am Ende plausibel zu machen, warum er Mohammed nicht für eine historische Person, sondern für ein nachträgliches Konstrukt hält, und wie dieses entstanden sein kann, auch ohne dass man von einer großen Verschwörung ausgehen muss.

Der zu erwartenden Verurteilung als fachfremder „Amateur“ kann Bangert dadurch entgehen, dass er sein erstes Buch zu diesem Thema, „Muhammad“, nicht selbst verlegt hat, sondern vom Wissenschaftsverlag Springer verlegen ließ. Danach sollte jedem klar sein, dass dieses Lehrbuch zu diesem Preis erst nach einer entsprechenden Begutachtung renommierter Historiker verlegt wurde, so dass die fachliche Qualität der Argumentation des Autors außer Frage steht.

Ich fand das Buch gut zu lesen und würde mir wünschen, dass es, genauso wie seine anderen zu dieser Thematik, dazu beiträgt, das Klima innerhalb der Islamwissenschaften dahingehend zu ändern, dass sie ihren Bezug von der sekundären Literaturwissenschaft oder Theologie zur Geschichtswissenschaft findet."

Frank Wohlgemuth